13.10.2023Lesungin der Weserschule

Eberhard Hasper unterhielt das Publikum mit einzelnen Kapiteln aus seinem Buch und Erzählungen zum Hintergrund.

Neues BuchDorothea und Lewine – Das (un)gewöhnliche Leben zweier Landfrauen

Knapp über 30 Zuhörer kamen am Freitag in der staatlich anerkannten Tagesbildungsstätte Weserschule in Hoya zusammen. Sie alle freuten sich auf die Lesung von Eberhard Hasper aus dessen Buch „Dorothea und Lewine – Das (un)gewöhnliche Leben zweier Frauen aus Hoya“. Organisiert wurde die Veranstaltung in der Einrichtung der Lebenshilfe Syke von der Buchhandlung Leserei aus Hoya.

Eberhard Hasper unterhielt das Publikum mit einzelnen Kapiteln aus seinem Buch und Erzählungen zum Hintergrund.

Im Buch schreibt Hasper jahrzehnteweise über das Leben und Wirken seiner Mutter und seiner Tante, beginnend mit ihrer Kindheit in den 1920ern bis zu ihrem jeweiligen Tod zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Die Familie sei immer auch ein Abbild der Geschichte gewesen: etwa ihr Leben in den typischen Nachkriegsjahren oder mit den gesellschaftlichen Veränderungen und der Aufbruchsstimmung – gerade für Frauen – in den 1960er-Jahren. Auf die Frage, wie viele der Anwesenden das Buch schon gelesen hätten, meldeten sich vier Personen im Publikum. Auf die Frage, wie viele der Anwesenden die Protagonistinnen des Buches noch persönlich kannten, gingen deutlich mehr Hände nach oben.

Hasper berichtet zunächst über die Idee zum Buch. Er begleitete sowohl seine Mutter über sechs Jahre, als auch seine Tante gut elf Jahre im Alter und Sterbeprozess. Von beiden hatte er Vollmachten und Einblicke in sämtliche Dokumente. Zudem gab es viele Gespräche über das Leben. Nach ihrem Tod forschte er weiter, unter anderem zur Frage nach der stets schlechten Beziehung der beiden Schwestern – zunächst ganz ohne Gedanken an ein Buch. „Ich bin kein Schriftsteller, kein Profi. Ich schreibe so, wie ich erzähle.“ Die ersten Rückmeldungen zum Buch seien jedoch sehr positiv gewesen, die Leser fänden das Buch so spannend, dass sie es schwer aus der Hand legen konnten. „Die teils sehr emotionale Geschichte ist jedoch nicht unbedingt für jeden etwas vor dem Einschlafen“, zwinkert Hasper ins Publikum. „Aber so war es nun einmal.“

Der Autor liest einige Kapitel vor, in denen er unter anderem die beiden Protagonistinnen vorstellt, dazwischen erzählt er immer wieder etwas zu den Hintergründen. Seine Mutter, Margret „Lewine“ Hasper, war die erste Einrichtungsleitung der Weserschule und baute die Lebenshilfe in Hoya maßgeblich mit auf. Hierüber gibt es auch eine Broschüre der Lebenshilfe Syke, die parallel zum Buch entstand. So war der Ort der Lesung keinesfalls zufällig gewählt. Während Eberhard Hasper ein persönliches Gespräch mit seiner Mutter wiedergibt, über ihre Lebenssituation in den 1950er-Jahren als Hausfrau und Mutter, mit wenig Entwicklungs- und Entscheidungsfreiheiten, ist nicht nur das anwesende Publikum sehr berührt. Auch er selbst ist ergriffen und muss nach dem Abschnitt erst einmal tief durchatmen.

Zum Ende seines Vortrages kommt jedoch auch noch Humor auf. In tragikomischer Weise berichtet Hasper über seine Begegnung mit einem Bereitschaftsarzt, als es darum ging, den Totenschein für seine 98-jährige, stets gesunde Tante auszufüllen. Sie nahm nie Medikamente und so fiel es dem Arzt schwer, einen genauen Grund für ihren Tod auszumachen. „Friedlich eingeschlafen“ gäbe es in deutschen Formularen als Todesursache wohl einfach nicht.

Zum Buch

Im Jahr 1920 nehmen zwei Schicksale in Hoya ihren Anfang. Als Frauen vom Hof haben die beiden Schwestern Dorothea und Lewine ein typisches Leben als Landfrauen vor sich, ohne Recht auf das Erbe des Hofs und ohne Rechte als Frau im Allgemeinen. Als Älteste ist es Dorotheas Pflicht, Lewine und die beiden jüngeren Brüder mit aufzuziehen. Während sie als „Fräulein“ bei den Eltern bleibt, verlässt Lewine früh den Hof und entscheidet sich für eine Ehe als ebenso rechtlose Hausfrau und Mutter. 

So gewöhnlich diese Lebensentscheidungen für Landfrauen vom Hof dieser Generation im Allgemeinen scheinen, so ungewöhnlich und bemerkenswert gestalten diese beiden starken Frauen ihre unterschiedlichen Lebenswege in der von Männern dominierten Welt der Landwirtschaft, der Arbeitswelt und der Ehe. In einer persönlichen, berührenden Weise gewährt der Autor als Sohn und Neffe den Leserinnen und Lesern vor einem geschichtlichen Hintergrund Einblicke in das Leben dieser Schwestern. Private Dokumente, Briefe, Bilder und Zeitzeugen-Interviews nehmen die Leser mit in zwei ungewöhnliche Frauen-Biografien – von der Kindheit bis zu ihrem Sterbeprozess und ihrem Tod. 

Das Buch umfasst 430 Seiten und kostet 20 Euro. Pro verkauftem Buch geht jeweils 1 Euro als Spende an die Lebenshilfe Syke.

Das Buch ist online sowie in jeder Buchhandlung erhältlich, ggf. mit Vorbestellung (ISBN 978-3-95651-402-9).